Der Beginn einer Erfolgsgeschichte

Betty Bossi als fiktive Schweizer Köchin ist eine Kreation der 2006 verstorbenen Zürcher Werbetexterin Emmi Creola-Maag.
Im Dienste des Konsumgüter­unternehmens Unilever hatte sie den Auftrag, die Öle und Margarinen der Marken Astra und Sais originell zu bewerben. 1956 erscheint die erste «Betty Bossi Post», die in den Läden wöchentlich gratis aufliegt, mit Menü- und Budget­plänen und natürlich Kochrezepten, in denen die Öle und Margarinen verwendet werden. 

Betty Bossi präsentiert sich fortan als Freundin, die den Frauen landauf, landab zur Seite steht und – neben anderweitigen Tipps und Ermunterungen fürs Familien­leben – verlässliche Antworten auf die Frage gibt: «Was soll ich heute kochen?» Hier liegen die Wurzeln der erfolgreichen Entwicklung von Betty Bossi zum führenden Schweizer Kulinarik-Unternehmen von heute. Inzwischen feiert die Kultfigur ihren 65. Geburtstag. Aber zum Glück: keine Spur von Ruhestand!


Ein kleiner Blick hinter die Kulissen

Auf einem kurzen Rundgang am Zürcher Hauptsitz von Betty Bossi beim Letzipark trifft man auf eine Ideenfabrik, wie es weitherum keine andere gibt.
Am Hauptstandort von Betty Bossi in Zürich gibt es sieben Küchen. Siebenteilige Bilderserie: Betty Bossi.

Eine Holztreppe führt nach oben. Auf jeder Etage gibt es offene Arbeits­bereiche, durch Glaswände getrennte Küchen mit gross­flächigen Kochinseln. Die Sitzungs­zimmer tragen Früchtenamen wie Aprikose, Avocado oder Birne. «Nach wie vor arbeiten viele von uns im Homeoffice», sagt Kommunikations­leiterin Viviane Bühr. So herrscht hier, an diesem Junivormittag 2021, (coronabedingt) kein Hochbetrieb – auch steigen im Moment aus Pfannen und Öfen keine feinen Düfte auf, vielmehr testen die Rezept­redaktorinnen und -redaktoren ihre Rezepte in den eigenen vier Wänden.


Hand in Hand arbeiten

Zuoberst, im vierten Stock. An diesem Ort wird üblicher­weise getüftelt, was das Zeug hält. Hier werden die Prototypen der Küchengeräte und Haushalts­helfer entwickelt – dazu gibt es auch eine Werkstatt. Wenige Meter entfernt: Eine grosse Küche, wo die Proto­typen schliesslich intern erprobt werden. Eine Mitarbeiterin fertigt Teige und verbindet dies mit einem Gerätetest. «Dass die Leute aus verschiedenen Fach­bereichen bei uns Hand in Hand arbeiten und sich unkompliziert austauschen können, ist besonders vorteilhaft», sagt Viviane Bühr. Dann zeigt sie auf einen mit Glas­wänden abgeschirmten Raum: «Unser Geräte-Archiv aller Eigen­entwicklungen.» Ausserdem sind an einer grossen Präsentations­wand viele beschriftete farbige Zettel angeordnet. «Das ist unsere Ideen­pipeline mit dem Jahres­raster für die Projekt­abläufe und Promotionen.»

Im dritten OG sind mehrere Textprofis am Schreiben und Konzipieren, umgeben von Regalen mit Büchern und Zeitschriften­sammlungen in bunten Reihen. Da entstehen die Newsletter, Inhalte für Websites und Social Media Content. Eine Etage tiefer werden die Koch­bücher und Zeitschriften entwickelt. 

Ebenfalls zum Haus gehört ein Foto- und Videostudio, wo Foodstylisten, Fotografinnen und Kameraleute kulinarische Genüsse inszenieren und Erklär­videos kreieren zu Küchen­helfern und Rezept­anwendungen. Und nicht zuletzt werden an einem weiteren Betty Bossi Standort in Basel oft auch Kulinarik­expertinnen und -experten von Coop oder etwa Hilcona empfangen, um die von der Betty-Bossi-Crew entwickelten Food-Produkte für die Verkaufs­regale kritisch zu testen. Als gelernte Ernährungs­wissenschafterin freut sich Viviane Bühr, das «nicht nur für die Schweiz einzigartige kulinarische Kompetenz­zentrum» kommunikativ begleiten zu dürfen.

Sie geben alles, damit die neuen Kochideen auch gelingen (links). Degustationen gehören bei Betty Bossi zum Berufsalltag.
Viel Konzeptarbeit beim Gestalten neuer Kochbücher (links). Nur was gut erprobt ist, wird als Rezept aufgenommen.
Aufnahmen für ein Erklärvideo im hauseigenen Studio (links). Präzisionsarbeit beim Fotoshooting neuer Fooby-Rezepte.



Betty Bossi in Zahlen

1995 übernimmt Ringier Betty Bossi; 2001 beteiligt sich Coop zu 50%, seit 2012 eine 100%-Tochter, seit Juni 2021 eine Coop-Division.
  • 120 Mitarbeitende in Zürich und Basel (100 davon am Hauptstandort Zürich) 
  • Vier Geschäftsfelder: Medien, E-Commerce, Food Consulting und Lizenzen
  • Nettoerlös 2020: CHF 92 Mio. 

Medien (Print und digital, Social Media, Rezepte-Apps)

  • unter anderem Betty Bossi Zeitung (Auflage 540'000); täglicher Newsletter an 520'000 Personen 
  • Jährlich rund 2'500 Rezeptentwicklungen in den Betty-Bossi-Küchen in Zürich und Basel, auch für Coop und Fooby sowie Dritte, inkl. Foodstyling, Foto- und Videoshootings

E-Commerce (Entwicklung von Küchengeräten und Kochbüchern)

  • 4 bis 6 neue Kochbücher und kulinarische Ratgeber pro Jahr 
  • 35 Millionen verkaufte Koch- und Backbücher seit 1973 
  • 2020 über eine Viertelmillion Kochbücher verkauft
  • 2020 Verkauf von 1,8 Mio. Küchen- und Haushaltshelfern (im In- und Ausland) 
  • Rund 40 Eigenentwicklungen pro Jahr

Food Consulting: kulinarische Beratung aller Coop-Eigenmarkensortimente, Mitentwicklung von Verkaufsformaten; Beratung der Coop-Gastronomien, Trendscouting im In- und Ausland für Coop und Dritte 

  • 2020 über 1000 Food-Produkte neu entwickelt (10'000 Degustationen stehen dahinter)

Lizenzen wie beispielsweise das gemeinsam mit Marché Restaurants Schweiz AG lancierte «Zopf & Zöpfli», ein innovatives Konzept an hochfrequentierten Lagen mit von Hand geflochtenen und frisch gebackenen Zöpfli.


Verwandte Artikel

Betty Bossi – die unsterbliche Köchin

Seit Jahrzehnten prägt Betty Bossi in einzigartiger Weise die Kochkünste und Esskultur in unserem Land. Das Kornmagazin spricht mit CEO Lars Feldmann über erfolgreiche Transformationsprozesse, Trends und Kernanliegen.
16.08.2021